WNZ 30.09.2021
Nachstehende Artikel wurden in der Presse veröffentlicht:
Der Bergbau lebt auf - Grube Rothläufchen fördert wieder
WNZ 30.07.2020
Alte Grube soll neues Wissen liefern
115 Jahre nach Stilllegung wird auf dem Gelände der Grube Rotläufchen wieder gegraben – für die Forschung
LAHNAU-WALDGIRMES. Wenn Max Bender den Bagger ausschaltet, dann kehrt nur kurz Stille ein. Wenig später hallen Hammerschläge durch den Wald. 115 Jahre nach der Stilllegung wird auf dem Areal der Grube Rotläufchen nördlich von Waldgirmes wieder nach Schätzen der Erde gesucht. Es sind heuer aber keine Bergleute, sondern Geologen und Geschichtsinteressierte, die auf dem Gelände des alten Brauneisensteinabbaus zum Werkzeug greifen. Unter Führung von Ralf Stahl suchen sie nach den Mineralien, die die Grube bis nach Übersee bekannt machten. Stahl ist Vorsitzender des Lahnauer Geschichtsvereins und hat für die Grabung mehrere Ziele ausgegeben: Neue Exponate fürs Heimatmuseum finden, Gesteinsproben für wissenschaftliche Analysen gewinnen und – das wäre das Sahnehäubchen – neue Mineralien
entdecken.
Die Gelegenheit ist günstig und das verdanken die Gräber der Dürre: Die Fichten, die auf dem Grubenareal wachsen, haben unter Trockenheit und Käfern gelitten und sind gefällt worden. Es besteht nun die Chance, eine große Abraumhalde zu öffnen, ohne dafür dem Wald zu schaden. Schaufel um Schaufel an Material gräbt Max Bender mit dem von der Firma Weimer zur Verfügung gestellten Bagger aus der großen Abraumhalde und schüttet es ein paar Meter weiter auf. Dann ist Handarbeit gefragt, die Männer suchen Brocken aus dem Erdhaufen
und klopfen sie auf. Stahl ist sehr dankbar für die technische Unterstützung der heimischen Firmen, auch Gartenbau Schäfer unterstützt die Mineraliensuche. Phosphatminerale wie aus Waldgirmes tauchten zwar überall entlang der Lahn auf, erklärt Geologe Jens Schneider. „Aber es gibt sie bei weitem nicht überall in einer solchen Vielfalt wie hier.“ Und das kann sogar der Laie erkennen: In leuchtendem Rot, Gelb oder Orangetönen schimmern die Steine. Kurioserweise suchen und finden die Männer im Wald bei Waldgirmes genau das, was zur aktiven Zeit der Grube unerwünscht, mithin Ausschuss war. So wie der Phosphor die Mineralien im Brauneisenstein leuchten lässt, so machte er das daraus erzeugte Gusseisen spröde, erzählt Mineraliensammler Friedel Pfeiffer (Erda). In der Abraumhalde liegt also das, was nicht als Futter
der Wetzlarer Hütten zu gebrauchen war. Etwa 30 verschiedene Mineralien gebe es in Waldgirmes, weiß Pfeiffer, der gerade schon wieder einen Brocken in der Hand hat. „Die Mineralien bilden sich in den Hohlräumen der Steine“, erzählt er und schlägt mit dem Hammer zu. Am Klang hört er sofort, was zu erwarten ist. „Wenn der Stein schön hart ist, hat er Hohlräume.“ Und siehe da: Nach wenigen Schlägen hat Pfeiffer den Brocken geöffnet und im Inneren leuchten die Mineralien um die Wette. Morgens Löcher öffnen und nachmittags zuschütten Noch bis in den kommenden Herbst hinein wird in Waldgirmes gegraben – stets als Tagesgrabung, so ist es im Gestattungsvertrag mit der Gemeinde Lahnau geregelt. Will heißen: Die Löcher, die der Baggerfahrer morgens aufgetan hat, die schließt er am Nachmittag wieder. Stahl geht nicht davon
aus, dass es schon 2021 Exponate und Ergebnisse für eine Ausstellung im Museum gibt. Die Auswertung dauere ihre Zeit. Die Proben werden unter anderem in Genf untersucht. Von etwa 1865 bis 1905 war die Grube Rotläufchen aktiv, 65 Meter in die Erde reichte der tiefste Schacht. Noch 27 weitere Grubenfelder habe es in der Gemarkung gegeben, berichtet Stahl, der mit dem Projekt das Interesse an der lokalen Montanhistorie wieder neu erwecken will. Eine „spannende bodendenkmalpflegerische Aktion“ nannte Jan Bohaty vom Landesamt für Denkmalpflege die Grabung – von der Abteilung HessenArchäologie des Amtes stammt der Forschungsauftrag für das Projekt. Auch für die Gemeinde war klar: „Wir unterstützen dieses tolle Projekt gerne“, wie Bürgermeisterin Silvia Wrenger-Knispel (CDU) sagte. Daher die Erlaubnis, im Wald zu graben.
Von Pascal Reeber, WNZ
Damit der Geschichtsverein Lahnau im Wald nördlich von Waldgirmes graben kann, sind viele Akteure eingebunden: die Gemeinde, die Abteilung HessenArchäologie des Landesamtes für Denkmalpflege und der Forst. Am Mittwoch stellte Ralf Stahl, Vorsitzender des Geschichtsvereins, das Grabungs- und Forschungsprojekt vor.
Der Hammer ist das wichtigste Werkzeug von Jens Schneider. Im Inneren der Brauneisensteinstücke findet der Geologe bei der
Grabung unterschiedliche Mineralien.
Die Enzyklopädie weiß: „Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem“. Der Laie erkennt das Mineral Kakoxen wohl eher an seiner
Farbe: Es ist ziemlich gelb. Die Mineralien bilden sich in den Hohlräumen der Steine. Friedel Pfeiffer, Mineraliensammler
Zwei besonders bekannte Mineralien, die auf der Grube Rotläufchen und in vielen anderen Gruben der Region vorkommen, sind Eleoronit und Strengit. Eleonorit wurde 1880 von August ies nach seinem Fundort, der Grube Eleonore in Bieber benannt, Strengit 1887 zu Ehren von Professor August Streng aus Gießen. Der Status von Eleonorit als eigenständiges Mineral war lange umstritten, bis russische Wissenschaftler es im Jahr 2015 neu untersuchten und definierten. Daraufhin wurde es von der Internationalen Mineralogischen Gesellschaft neu anerkannt.
12.06.2017
Mit dem Herzen verstehen alle Platt
KONZERT 150 Besucher hören "Meelstaa" im Museumshof in Waldgirmes
Lahnau Wer gute Musik verbinden möchte mit heimischer Mundart, der muss einfach auf ein "Meelstaa"-Konzert gehen.
Die
Gelegenheit nahmen rund 150 Besucher wahr, die sich am Samstagabend im Hof des Heimatmuseums Lahnau einfanden. Das Quartett spielte auf Einladung des Geschichtsvereins Lahnau in dem schönen
Ambiente auf und bereitete den Zuhörern einen wunderbaren musikalischen Abend.
Jeder
der vier Musiker spielte auf hohem Niveau und mit Herzblut: der Dorlarer Berthold Schäfer, Gründungsmitglied des "Meelstaa"-Vorgängers "Fäägmeel", Clemens Goth aus Brandoberndorf, ehemaliger
Bassist der "Oldies", Jens Schneider aus Waldgirmes und David Domine. Sie zeigten ihr musikalisches Können und ihre Wandlungsfähigkeit, verbanden manchmal melancholische (zum Beispiel
"Hearbstbloihe"), manchmal hintersinnige ("Imwäje") oder einfach auch lustige Texte ("Gaastebock") mit abwechslungsreichen Rhythmen von Country bis Rumba.
Publikum hört die Weltpremiere eines Liedes über Menschen, die meinen, sie könnten alles selbst reparieren. Viele Liedtexte stammten mitten aus dem Leben und hatten einen sehr hohen
Wiedererkennungswert wie "Küssche hai, Küssche do" über oberflächliche Menschen oder "En Samstoag im Bett" mit einem schönen Lob auf die Faulheit. Im Rahmen des Konzerts kam es zu der
Welturaufführung eines neuen Lieds über einen nur allzu bekannten Menschentypus, der meint, alles selbst reparieren zu können ("Elektriker"). Auch wenn sicher nicht jeder Zuhörer alle Worte der
Lieder auf Platt verstehen konnte, so rissen die Musik und die gute Stimmung alle Menschen im Museumshof mit. Sie lauschten "mit den Herzen", wie es der Vorstand des Geschichtsvereins Ralf Stahl
in einführenden Worten gewünscht hatte. Mit dem Konzert leisteten der Geschichtsverein und "Meelstaa" ihren Beitrag, das "Platt als Stück Kultur, das erhalten werden muss", so Berthold Schäfer,
den Menschen nahe zu bringen. Dies haben sie in der unterhaltsamsten Weise getan. (ag)